Westlicher Geierkopf, Ammergauer, 2145m, N-Wand „Bayerisch Schottische Wintergames“, 400hm/M522/2/2023
Trotz des bisher enorm schneearmen Winters kann man nach den paar aperen Metern durch den Wald bereits in der Schuttreißen die Schi dort befestigen, wo sie hingehören und mit Fellen weiterlatschen. Insgesamt haben sich heuer bisher nur wenige Schitourer ins Geierkar verirrt, obwohl es deutlich besser ging als befürchtet. Bis zur ersten Verflachung des Kars nur 10-20cm harter Schnee, auf dem sich viele Steine gut umgehen (und später gut umfahren) ließen. Wer hätte das gedacht.
Hier war meist stapfen in 30-40° steilem Gelände angesagt, unterbrochen von ein paar leichten Eisstufen (ca. WI 2). Eine alte Spur erleichterte den Aufstieg deutlich. Der eigentliche Zustieg zur Rampe - eine mit dünnem Eis gefüllte Rinne – erschien uns eher unangenehm, so dass wir uns für eine reine Felsvariante etwas weiter rechts entschieden (M3-4). Stand nach 50m an einer alten SU-Schlinge und Cam. Ein kurzer Quergang links, erst rauf dann runter, erst Brösel dann Schnee, brachte uns zum unbequemen BH-Stand am Beginn der Rampe (25m). Die nun folgende Schlüsselseillänge der Tour war kein Problem. 8 Zwischenhaken auf 45m sind ja auch üppig. Ein NH hat sich bei der Berührung bereits verabschiedet, bleiben noch 7 BH und 1 NH. Dank der völlig schneefreien Felsen und überhaupt keiner Lust auf Gedrytoole kamen die Eisgeräte an den Gurt. Als jahreszeitlicher Kompromiss blieben aber die Steigeisen an den Schuhen, auch wenn man die nächsten 3 SL glatt mit Kletterpatschen hätte machen können. Sah ein bissl aus wie Laliderer im Herbst. Also sauber steigen mit den Frontzacken und zügig mit den unbehandschuhten Händen greifen. Gab nicht mal kalte Griffel! Richtiges Genussklettern und deutlich leichter als beim letzten Mal im richtigen Winter. Nach der 4. SL kam das Seil erst mal weg, nur für einen aufgrund des wenigen Schnees eher unangenehmen Überhangs ganz oben kam für ein paar Meter noch einmal auf ein paar Meter ein Halbseil zum Einsatz. Meiner Meinung nach heute die Schlüsselstelle der Tour. Der Rest zum Grat ging dann wieder so. Um die beste Mittagessenszeit war’s dann auch schon wieder vorbei. Immer wieder schön, aus einer Nordwand in die strahlende Sonne auszusteigen. Zum momentan sehr einsamen Gipfel waren es nur mehr ein paar Schritte (wir trugen uns als sechste heuer ins Gipfelbuch ein!), schön mild war’s auch und die Aussicht war eine Schau. Allein der Tiefblick auf kaum zugefrorenen Plansee war den Aufstieg wert. Der Abstieg über den komplett schneefreien SW-Grat war einfach, und auch die wilde Rinne durch das heuer riesengroße Felsentor war gut machbar. Eine kurze Stelle direkt im Tor erforderte aber sauberes Steigen, da auf eine kurze Stelle tatsächlich der Schnee fehlte (ggf. Abseilstelle an 2 BH im Felsentor). Die Schi musste man sich heute nicht herbeisehnen. Bald waren unsere zurückgelassenen Rucksäcke wieder erreicht. Nach einer kurzen Pack- und Brotzeitpause wedelten wir ins Tal; der Schnee war tatsächlich firnig geworden und bot unerwartet genussreiches Schwingen bis fast zur Ammerwaldalm. In der Mitte erwartete uns noch der apere Latschengürtel und je weiter man nach unten kam, desto mehr Steine musste man umkurven. Wenn man nicht gerade die A-Sortierung dabei hatte auch gut möglich. Ein paar Meter aper durch den Wald und ein so einsamer wie schöner Ammergauer Bergtag war wieder vorüber. Beim Blick auf die Uhr stand noch eine schwierige Entscheidung an: Geierfall anhängen oder Kaffee und Kuchen? Süß gewann über Eis. Zusammenfassend lässt sich sagen: feine Tour und ein herzliches Merci an die kreativen Erschließer, die uns einen unterhaltsamen Wintertag bescherten. Von unten schaut die Rampe, die die ganze Nordwand des Westgipfels von rechts nach links durchzieht vogelwild aus, ergibt aber einen relativ leichten, eleganten Durchstieg durch diese sakrisch steil und kompakt wirkende Hauptdolomitwand. (Topo im Panico Eiskletterführer „Bregenz bis Garmisch“ bzw. auf der Homepage des Erstbegehers www.nordalpenklettern.lima-city.de). Die M-Bewertung fanden wir im schneefreien Zustand sehr human (im echten Winter schaut’s aus eigener Erfahrung gleich wieder anders aus wenn man hackeln muss statt greifen), die Gradangaben in den Schneelängen sind (vor allem im Vergleich zur nachweislich 40-45° steilen Abstiegsrinne) schon etwas übertrieben. Steiler als der Abstieg ist die Schneerampe kaum. Dort geht das meiste auch bei wenig Schnee ohne Stress seilfrei. An Ausrüstung hatten wir neben der üblichen Winterkletterausrüstung 60m Halbseile dabei, ein paar Cams und 10 Express. Haken und Eisschrauben blieben daheim.
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