Bereits am Vortag waren wir in der Gegend der Timmelsalm mit Ski unterwegs, da stach uns eine markante Rinne zwischen zwei Bergen ins Auge. Wenn die fahrbar wäre, dann wäre das wirklich eine geniale Linie und ein krönender Abschluss dreier Tourentage im Passeiertal. Zuhause angekommen galt es erst einmal herauszufinden, zwischen welchen Bergen sich überhaupt diese Rinne befindet. Jeder suchte für sich in irgendwelchen Online-Karten nach der möglichen Lösung, da es ja fast schon langweilig gewesen wäre, die richtige analoge Karte von dem Gebiet griffbereit dabei zu haben, mit der es deutlich einfacher gewesen wäre. Einig wurden wir uns letztlich darüber, dass die Rinne zwischen dem Scheiblehnkogel und der Beillöcherspitze liegt und ein Aufstieg über die südwestlich gelegene Scharte zwischen Scheiblehnkogel und Hohlkogel möglich sein müsste. Somit war also der Plan, den Gipfel zu überschreiten und über den Nordwestgrat in die potenzielle Abfahrtsrinne zu gelangen. Eine Suche im Netz nach der Tour ergab nur ein Ergebnis: Aufstieg über die Rinne und den NW-Grat und Abfahrt, über die vom Gipfel südwestlich gelegene Scharte. Dies bestärkte unseren Plan, dass es möglich sein müsste, die Tour in umgekehrter Reihenfolge zu machen. Das bringt uns zwei Vorteile: einmal muss nicht mühsam durch die Rinne hochgestapft werden und die Ski werden deutlich kürzer getragen - zumindest in der Theorie.
Orientierungsschwierigkeiten gab es nicht mehr, jedoch durften die Ski bald wieder getragen werden, da der Anstieg in die Scharte immer steiler und der Schnee härter wurde. Vielleicht wäre es mit Harscheisen noch etwas länger ohne tragen gegangen, da ich mich allerdings weigere zusätzlich zu Steigeisen – noch dazu hatte ich nur meine schweren Steigeisen vom Eisklettern dabei – Harscheisen hochzutragen hieß es die Ski erneut zu buckeln. Doch immerhin wurde es dann tatsächlich so hart, dass sich auch die Steigeisen zum Anziehen lohnten. Somit wechselte zumindest das Gewicht von den Steigeisen im Rucksack auf die Füße. In der Scharte angekommen erblickt man bereits das Gipfelkreuz und es lag noch genug Schnee, um die letzten Meter mit Ski zu gehen. So dachten wir zumindest. Doch nachdem jeder von uns mindestens einmal auf dem windverpressten Schnee auf der Nase lag, wurden die Ski erneut getragen. Aber auch hier lässt sich etwas Positives finden, einmal werden dadurch ja irgendwie auch die Felle geschont und nass werden sie auch nicht. Weiter ging es also erneut zu Fuß. Doch dies wäre ja zu entspannt gewesen, deswegen gab es immer wieder Stellen, bei denen man sich im Schnee versenken konnte, wodurch eine Flucht weg vom Schnee und hin zum reinen Felsen erfolgte. Doch irgendwann waren wir am Gipfelkreuz und stellten im Gipfelbuch fest, dass es sich tatsächlich um einen einsamen Gipfel – zumindest im Winter – handelt. Der letzte auffindbare Wintereintrag war im Winter vor fünf Jahren. Nach einer kurzen Gipfelpause, bei der die Anspannung über den kommenden Abstieg in die Rinne etwas in der Luft lag, ging es nach dem obligatorischen Gipfelfoto und somit einem dringend notwendigen Selfie-Training weiter. Immer das Ziel vor Augen ging es den teilweise exponierten und unangenehm verschneiten NW-Grat hinunter in die Scharte. Im Sommer ist der Grat im alten AV-Führer mit einem zweier bewertet. Diese Bewertung passt auch im Winter recht gut, wobei es auch Stellen gab, an denen sich die Ski am Rucksack unangenehm in den Blöcken verkantet haben und während dem Abklettern einige Verrenkungen eingebaut werden mussten, die alles etwas erschwerten. Fazit: Steigeisen und Pickel sind nicht verkehrt dabei zu haben, ein Seil kann kaum sinnvoll verwendet werden, wobei wir eh keines dabei hatten. Im Nachhinein ist es wohl nicht gerade der ideale Einstieg für meinen Tourenpartner in solch ein Gelände gewesen, doch einem Südtiroler steckt das Alpinistische scheinbar doch im Blut, wie sich jetzt mehrfach gezeigt hat. In der Rinne angekommen fiel dann die gesamte Anspannung ab, da die Rinne viel breiter als erwartet und sich der Schnee ebenfalls als recht gut herausstellte. Abwechselnd ging es also mit großem Spaß die etwa 45° steile Rinne runter und hinein in die aufziehende Nebelsuppe. Im Kar angekommen wechselte dann zwar die Schneequalität merklich, doch in der Rinne zauberte der Fahrspaß uns beiden ein großes Grinsen ins Gesicht. Da störte auch der Bruchharsch bzw. zum Schluss der fehlende Schnee nicht weiter. Der letzte Hang runter zur Timmelsalm musste trotz leichtem Schneefall teilweise tragend und durch die Almrosen rutschend hinter uns gebracht werden, wobei ich gar nicht wissen will, was sich die Skitourengruppe an der Alm gedacht hat, als sie uns da runterstolpern hat sehen. Die wirklich geniale Tour war ja bereits wieder in den Wolken verschwunden und sie sahen nur den absolut unlohnenden aperen Hang. An der Alm angekommen, ging es entspannt auf der eingefahrenen Forststraße zum Auto zurück, die bis auf eine Unterbrechungsstelle noch genug Schnee hat. Mit alten Ski stört die Unterbrechungsstelle allerdings kaum, wobei ich diesmal nicht meine Ski mit der lockeren Kante verwendete und folglich ganz zum Erstaunen meines Tourenpartners auch mal die Ski auszog.
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September 2024
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