Bei kühlen Morgentemperaturen starteten wir bereits um 4:20 Uhr am Parkplatz der Ehrwalder Almbahn und folgten ein Stück der Teerstraße Richtung Alm, gerade recht zum wach werden. Problemlos erreichten wir durch einen recht ursprünglichen Wald das Schuttfeld unter den Wetterwänden und nach einem kurzen Schneefeld standen wir 2 Stunden später beim Steinmann, der den Beginn der Wetterkante bzw. deren Vorbau markiert. Dort richteten wir uns kletterfertig her, die Seile blieben aber im Rucksack.
Bis zur 15. SL war der Fels überraschend schön strukturiert, recht fest, oft sogar plattig und rau. Oberhalb wurde es zwar etwas brüchiger, aber trotz seltener Begehungen im Lauf der letzten 114 Jahre doch abgeklettert genug, dass man ohne Stress klettern konnte. Hinschauen muss man natürlich schon, aber es ist jetzt nicht so, dass einem laufend die Griffe und Tritte um die Ohren fliegen. Aufgrund des frühen Starts konnten wir bis auf die letzten paar SL fast die ganze Tour im Schatten klettern und als uns die Sonne schließlich anstrahlte, war das aufgrund der mittlerweile erreichten Höhe eher angenehm.
Dank Abseilstelle ist auch der Abstieg aufs Platt schmerzfrei und diesmal siegte auch die Faulheit (bzw. das Alter der Knie) über clean descenting: eine gemütliche Stunde zum Sonn Alpin, rauf auf die Zugspitze gegegondelt und mit der TZB in unschlagbaren 10 Minuten runter nach Ehrwald. Beim Kauf der Tickets bekamen wir sogar noch eine Urkunde über eine erfolgreiche Zugspitzbesteigung, da waren wir baff. Mit den vorher deponierten Radeln war der Rückweg zur Almbahn auch kein Problem, dauerte aber, weil der Blick immer wieder zur Kante zurückging. Nach Schneefernerkopf und Plattspitze konnten wir endlich die letzte meiner drei Wunschtouren in dieser gewaltigen Mauer klettern. Für sichere, alpin orientierte und zügige Kletterer ein sehr empfehlenswertes Gesamtunternehmen in wilder, sehr einsamer Landschaft (zumindest bis zum Platt) mit tollem Tief- und Weitblick. Nicht umsonst ein richtiger Klassiker, allein schon wegen der aus dem Tal bestechenden Linie, den wir jederzeit wiederholen würden. Talort: Ehrwald, Talstation der Almbahn (N47° 23.340' E10° 56.142', 1091m).
Auf ca. 1840m quert der Steig am Beginn der Latschen nach links in das Schuttkar im Auslauf der „Neuen Welt“. Kurz vor dem Wandfuß über Schnee oder Schutt und Schrofen rechts zurück zum Rücken, den man bei einem von Weitem sichtbaren Steinmann erreicht. In wenigen Schritten zum Ansatzpunkt der Wetterkante bzw. deren Vorbau (1905m, N47° 23.944' E10° 57.707'). Insgesamt 915hm, ohne Stress ca. 2 Stunden. Wandhöhe: 850hm mit Vorbau, eigentliche Kletterei 570hm bis zum Gipfel;
Hammer und ein paar Haken hingen ungenutzt am Gurt. 60m Doppel-/Zwillingsseil zum Abseilen und neben der üblichen Alpinkletterausrüstung schaden Verbandszeug, für den Fall der Fälle ein Biwaksack pro Nase und an kürzeren Tagen eine Stirnlampe sicher nicht. Carbonstöcke reduzieren, selbst wenn man mit der Seilbahn ins Tal schwebt, das Geeiere über das Schnee-Schuttgemisch. Erstbegeher: H. & R. Haff, unglaublicherweise bereits im Jahr 1908
1. SL: Nach plattigem Auftakt Gehgelände linkshaltend zu weiteren Platten. 2. SL: nur 40m; 3. SL: Stand an 1 Expressanker, sofort nach Wulst rechts hoch. Eventuell seilfrei. 4. SL: Am besten ohne Seil; am Ende in Scharte Stand an Köpfl mit fixer Riesenschlinge. 5. SL: nur kurze Stelle 3, eventuell seilfrei; 7 SL: nach dem (uralten) NH geht es noch ein ganzes Stück gerade hinauf zum Stand.
Abstieg: Vom Ausstieg (2743m, N47° 24.008' E10° 58.227', den in manchen Topos direkt am Gipfel eingezeichneten Abseilstand an mehreren NH fanden wir nicht) 25m den ausgesetzten, etwas brüchigen Grat entlang (2) südöstlich abwärts zu Felsblock mit vielen (auch guten) Abseilschlingen, 1 NH, wahlweise Abseilkarabiner oder Maillon (2734m, N47° 24.002' E10° 58.242). Wenn’s keinen Nebel hat, vom Ausstieg sichtbar. Gerade 60m steil ins Kar abseilen, nach etwa 45m befindet sich rechts (nördlich) noch eine gelbe Köpflschlinge. Von dort über Schnee oder später im Jahr auf Schutt und Platten in den flachen Karboden. Wer über’s Gatterl absteigen will oder muss peilt die Bergstation des Wetterwandecklifts an (ca. 2580m), folgt der rechten Piste hinunter bis zur Talstation des Brunntallifts, 2034m und erreicht bei P. 1998 den Weg zum Gatterl. Über den markierten Wanderweg zum Gatterl und über Feldernjöchl, Issentalköpfl, Feldernalm, Ehrwalder Alm ins Tal. Schön, aber endloser Knieschnackler von ca. 14km mit 170hm Gegenanstiegen. Wir nahmen die kurze (aber kostenintensive, dafür unterhaltsame und knieschonende) Variante über die Zugspitze. Nach der Abseilfahrt rutschten wir nordöstlich über Schnee bis etwa 2520m hinunter, querten erst auf der gleichen Höhe das Platt nach Norden, am Schluss gings 100hm hinauf zu einem Felsrücken mit einem Liftmasten des Schilifts „Weißes Tal“ auf etwa 2620m (N47° 24.628' E10° 58.557') und an der Kapelle (2603m, N47° 24.761' E10° 58.685‘) vorbei hinunter zum Sonn Alpin. Mit der Gletscherbahn zum Zugspitzgipfel, hinüber zu TZB und mit dieser hinunter ins Tal. Mit vorher deponiertem Radl oder per Bus zurück zur Almbahn (6km, 100hm). Fazit: Prädikat wertvoll!
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June 2023
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