So nahmen wir letztes Wochenende nach einem Eisklettervormittag am Haldenseefall ohne Gepäck und bei besten Schnee- und Wetterbedingungen den faden Hatscher Richtung Sulzspitze in Kauf, um zu schauen, ob die Linie sich auch heuer gebildet hätte. Und tatsächlich, bereits von der Unteren Strindenalpe lachte uns das Eis entgegen. Da noch Zeit war, ließen wir die Sulzspitze rechts liegen und spurten durch das herrliche Kar mit seinen dolomitenhaften Wänden hinauf bis zum wilden Einstiegsbereich. Passt: gutes, relativ dickes Eis und eine nicht gar zu kurze Linie sorgten für einen ordentlichen Motivationsschub. Bei nächster Gelegenheit sollte es mit deutlich schwereren Rucksäcken wieder hinauf gehen. Für heute hatten wir genug gesehen und wedelten die traumhaften Pulverhänge wieder hinunter zur Alpe und hinaus zum Haldensee. Informationen über die Tour fanden sich keine, das erhöhte die Spannung. Bereits am folgenden Wochenende gings wieder hinauf. Der gewaltig milde Föhn war vorbei und hatte dem Eis dort oben tatsächlich kaum etwas angetan. Da man vom Zustieg nur die ersten beiden SL erkennen konnte, hatten wir zusätzlich zur Eisausrüstung noch ein paar Cams und Schlaghaken im Gepäck. Vom Schidepot unter einem Überhang in einer wilden Schlucht waren es nur noch ein paar Meter hinauf zum Eis. Und dann gings endlich los: gutes, kompaktes und relativ weiches Eis ließ richtig Freude aufkommen. Genusseisklettern mit ein paar steileren Stellen, aber sicher nicht über WI 3(+). Perfekt! Rechts der nächsten Stufe fanden wir eine dicke Sanduhr im Fels; eisschlagsicher und ideal als Abseilstand. Die nächste Stufe bot richtig dickes und auch nicht steileres Eis, aber leider kurz. Noch ein Stück weiter über die Schneerinne, bis sich auf der rechten Seite im kompakten Hauptdolomit die Möglichkeit für einen Stand bot. Ein paar Schlaghaken wurden in einen Riss geprügelt, so dass auch abgeseilt werden kann, und weiter. Kurzes Gestapfe in der Rinne, rechts folgte noch eine weitere kurze, leichte Eisstufe, die sich gut seilfrei gehen ließ. Immer rechtshaltend entlang der Wände führte die nun schmalere und steilere Rinne um die Kurve, wo uns kurz unter dem Gipfel völlig überraschend eine letzte Eisstufe anlachte. Da nicht klar war, ob sich diese sinnvoll in den Weiterweg einbinden ließ, umgingen wir diese über steile Schneerinnen etwas links und erreichten den Gipfel heute so. Massenauftrieb an der Sulzspitze und wir saßen hier ganz einsam und verlassen und freuten uns wie die Könige über die gelungene Linie. Noch ausgekühlt von ein paar Spindriftduschen samt Schneeschauern oben drauf, hielten wir es trotz des nun besseren Wetters im Wind nicht lang aus da oben. Beim Abstieg inspizierten wir noch die letzte SL und liefen mühelos alle oberen Eisstufen rechts umgehend hinunter zum Schlaghakenstand.
Von dem wilden Schluchtambiente und den vermutlich bis spät in den Winter hinein guten Eisbedingungen ganz zu schweigen. Wer nicht nur Schwierigkeiten oder bekannte Linien braucht ist hier genau richtig und kann einen schönen Tag in alpinem Ambiente verbringen. Mehr als einen Einser sollte der LLB aber nicht auswerfen, den für Einwehungen brauchts nicht viel, weder im Zustieg noch im Gully. Da der Zapfen von der unteren Strindenalpe recht eigenständig erscheint, tauften wir das Teil kurzerhand „Strindenkopf“ und die Tour analog zum Jochberg „Strindengully“. Falls sich dadurch jemand auf den Schlips bzw. aufs Eisgerät getreten fühlt, bitte Bescheid geben. Auch über Hinweise zu früheren Begehungen und zur Bewertung wären wir dankbar. Ist ja eh immer so eine Sache. Gefunden haben wir, wie schon gesagt, keinerlei Informationen, ob hier schon mal wer rumgepickelt hat. Weitere Details mit Koordinaten, Beschreibung der einzelnen SL gibt’s hier.
0 Comments
Leave a Reply. |
Kategorien
Alle
Archiv
Dezember 2024
|