Von Richardière mit dem Auto auf der Forststraße so hoch wie möglich, sehr sympathisch diese französische Lösung, in einer Stunde zur senkrecht bis überhängend aus der Wiese hinaufpfeifenden Südwand. Erst mal schlucken, dann einsteigen mit einem leicht flauen Gefühl im Magen. Nicht ganz fester Fels, teils furchteinflößend gelb/orange und oft so steil, dass man die Füße suchen muss. Ein fallender Stein schlägt erst gar nicht auf, sondern landet zig Meter hinter dem Wandfuß im Schutt. Trotzdem so griffig, dass sich alles immer gut auflöst, selbst wild ausschauende und eher an die Zinnen erinnernde Quergänge. Auch der horizontal gebankte und manchmal wie gemauert aussehende Fels war dann meist besser und fester (aber nicht fest), als es den Anschein hatte. Dennoch muss man sich überlegen, welchen Griff man wie belastet. Auch ein paar recht hohle Schuppen wollen eher zärtlich behandelt werden. Eine Mischung aus Karwendel und Dolomiten. Recht urtümliche Absicherung mit vielen alten und ein paar halbalten NH, uralten 8mm Petzlbolts und ein paar neueren an den Standplätzen. Außer uns kein Mensch in der Tour. Dafür steppte auf der riesigen Gipfelwiese der Bär, denn der Normalweg (3/3+) ist völlig überlaufen. Erstbesteigung übrigens 1492 (!) auf Anordnung des Landesherren, um zu beweisen, dass der Spitz besteigbar war. Sein Leben musste er ja nicht riskieren. 3 Pfarrer und 1 Notar waren auch dabei, schadet ja nichts. Die ganze Truppe blieb dann angeblich gleich 6 Tage auf der riesigen Gipfelwiese, bevor sie sich wieder an den Abstieg machte. Auch eine Messe wurde gefeiert da oben, war ja naheliegend bei drei Priestern im Team. Gute alte Zeit. Nachdem auch wir ohne irgendwelche Beschreibungen den Abstieg irgendwann hinter uns hatten, konnten wir nur noch grinsen über die gelungene Spontanaktion. Wer sich auf die Tour einlässt wird mit einer beeindruckenden und raffiniert durchs Gemäuer gelegten Linie auf einen historisch wie geologisch sehr speziellen Gipfel belohnt – weit weg von jedem schnell wieder vergessenen Plaisireinerlei. Ausgangspunkt: Richardière, 1050m, kleine Siedlung südlich des Gipfels und nicht weit vom etwas größeren Chichilianne. Auf dem gut fahrbaren Forstweg Richtung Mont Aiguille kann man noch bis einem größeren Parkplatz kurz vor Beginn des Wanderwegs zum Col de l’Aupet fahren. 1203m, N44,82758°/E05,54244°. Wem die Straße zu grob ist, der findet an der Abzweigung auf 1070m ebenfalls eine gute Parkmöglichkeit (ausgeschildert). Stützpunkt: Gibt’s nicht und braucht’s nicht. Biwakieren und Zelten auf dem Gipfel ist übrigens verboten, am Wandfuß aber möglich. Dort gäbe es ein paar schöne Plätze. Zustieg: Vom obersten Parkplatz noch ein paar Meter dem Forstweg in den Wald folgen, dann zweigt rechts der Wanderweg zum Col de l’Aupet ab. Der Weg zieht in weiten Kehren und sehr flach durch den Wald. Wer zum Südpfeiler will, biegt auf 1435m bei einem großen Steinhaufen (N44,83535°/E05,54109°) auf einen kleineren Weg ab. Auch der ist flach, verlässt bald den Wald und führt in einigen Kehren direkt zum Einstieg des Südpfeilers. Die freien Hänge bieten einen schönen Blick auf die sausteile Wand, aber auch auf die Umgebung. Der Einstieg befindet sich auf 1726m, N44,83715°/E05,54616°, dort wo bei einem Steinmanndl eine Steilrampe rechts in die Wand zieht. Gerade durch die gelbe Wand verläuft eine neuere Tour. Zwar nur 520hm, aber eben flach, deshalb 1¼ - 1½ Stunden. Wandhöhe: 200m zum großen Band, weitere 150hm zum Gipfel Kletterlänge: ca.295m Schwierigkeit: Auf den Rampen und Bändern im unteren Teil (SL 1-5) meist 2-3 mit Stellen 4, aber auch hier schon recht steil für den Grad. Dann recht anhaltend um 5 mit Stellen im 6. Grad, vielleicht auch kurz 6+, je nach Topo. Die Angaben schwanken beträchtlich. Die klassische Bewertung mit V+ ist schon recht hart. Material: Übliche Kletterausrüstung, 60m Doppelseil, Satz Cams (0,5-3) oder zumindest Linkcams, 8-10 Expressen (davon ein paar verlängerbare). Das vorhandene Hakenmaterial ist eines wahren Klassikers würdig und reicht von einem Holzkeil über alle möglichen Schlaghaken diversen Alters (aber schon eher alt) bis hin zu Bohrhaken (wenige neuere 10mm Expressanker, viele stark angerostete 8mm Petzl-Uralt-Kronenbohrhaken, wahrscheinlich noch handgebohrt). Die Menge macht‘s. Auch wenn vermutlich nicht jede Gurke einen Sturz halten würde, zum bremsen reicht’s schon mal und einiges lässt sich mit Cams gut verbessern. Route: Eine sehr gute Beschreibung mit Fototopo findet man auf https://www.camptocamp.org/routes/54761/fr/mont-aiguille-pilier-s. Um diese zu verstehen sollte man aber der französischen Sprache halbwegs mächtig sein. Ergänzungen (die SL beziehen sich auf dieses Topo): Besser nicht einsteigen, wenn schon eine Seilschaft unterwegs ist! 1. SL: Die Anfangs steile, griffige Rampe (4-, dann 3) zu Stand an zwei NH. 32m, 4-, 1 NH, 1 BH (besser gleich weiter zum nächsten, besseren Stand an BH; dann knapp 60m) 2. SL: Die nun leichtere Rampe weiter zu Stand an 3 BH & 1 NH2 NH unter einem Band. 27m, 2 NH, 3- 3. SL: Steil und abdrängend auf das Band (4) und auf ihm links zu Kiefer (ZS an Schlinge und NH). Am Baum links aufwärts vorbei (3+) zu Stand auf nach rechts ziehender Rampe an 2 BH & 1 NH. 35m, 2 NH, 4 4. SL: Rampe weiter (3) bis unter Überhang und weiter quer zu Stand auf Band an 2 BH & 1 NH. 30m, 3. 5. SL: Kurz rechts und Riss (BH) 5m gerade hinauf zu NH, dann beeindruckender Linksquergang auf 5cm-Band, der von unten fürchterlich aussieht, sich aber gut ergibt (2 BH), aufwärts zu NH und links zu sehr luftigem Stand auf Miniabsatz. 20m, 3 BH, 2 NH, 6- 6. SL: Durch graue Einbuchtung 5m nach links (BH), zu Bauch (BH) und an guten Griffen weit rechts des BH darüber in weniger steiles Gelände. Stand in kleiner Nische an mehreren NH & BH. 25m, 2 BH, 1 NH, 6+ 7. SL: Rechtsquerung auf Bändern, teils unter Bauch (4-), vorbei an Zwischenstand zu Stand auf Band unter überhängendem Riss an 3 BH. 25m, 3 NH, 4- 8. SL: Erst leicht und „nur“ senkrecht (5), später griffig aber stark überhängend weiter (6(+), viele NH im 50 cm-Abstand) und am Schluss wieder leichter zu Stand auf Band. 30m, viele NH, 6(+) 9. SL: Kurze Linksquerung und über Riss an hohlem Pfeilerchen vorsichtig hinauf unter großen, gelben Überhang. Zwischenstand möglich. Ausgesetzt rechts unter dem Überhang durch und äußerst vorsichtig in enorm geröllbedeckten Trichter aussteigen. Gerade zu Stand unter Wandl an 1 BH & 1 NH. 30m, 1 BH, 4 NH, 6 10. Die Wand lehnt sich deutlich zurück, über brüchigen, schuttbedeckten Fels leicht links haltend zu Stand unter schuttbedecktem, abschüssigem Hang an 2 NH. 40m, 3. Besser ohne Seil. Bis hierhin haben wir 3½ Stunden gebraucht. Seilfrei und sehr vorsichtig gerade hinauf auf ebenes Band unter weiterer gelber Wand, etwas links zu Schwachstelle und über abgegriffenen Fels gerade hinauf (20m, 2) zur Gipfelwiese. Auf Steigspuren zum höchsten Punkt. Ca. 20 Minuten. Identisch mit dem ersten Teil des Abstiegs. Erstbegeher: S. Coupé, A. Cornaz (1952); Direktausstieg S. Coupé, M. Mariet (1958) Abstieg: Vom Gipfel zum großen Steinmann am Ausstieg des Normalwegs und diesen zum Wandfuß. Sehr abgespeckt und nicht zu verfehlen; max. 4-. Oder, besser, vom Steinmann über den W-Gipfel und ein Stück nach SW und kurz ausgesetzt auf das Ausstiegsband abklettern (2). Das Stück kennt man schon vom Gipfelaufstieg.Auf dem gut gehbaren Band an einem schönen Felsbogen vorbei in die N-Flanke. Über steile Rinne hinunter zur ersten Abseilstelle (30m). Wieder ein Stück abklettern, rechts auf Band zu 2 Abseilstellen bei großen Zirben. 45m in eine finstere Kaminschlucht abseilen, teils freihängend. Über die folgenden Klemmblöcke abklettern oder 15m abseilen und über Steigspuren zum Wandfuß auf der NW-Seite des Bergs. Am Schluss noch eine Kletterstelle (3-), abklettern oder 5m abseilen. Auf Steig am Wandfuß herum bis zum S-Pfeiler. Dauerte mit etwas Wartezeit an der ersten Abseilstelle 1¼ Stunden.
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März 2025
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