Ein besseres Verhältnis zwischen Zustiegszeit und Kletterlänge gibt es im Karwendel wohl nur noch in der Gramai. Die Tour selbst ist schon hinreichend gelobt und zerrissen worden, auch im Wandbuch finden sich diverse seltsame Kommentare. Aber mei, welcher Routenerschließer macht’s schon allen recht? Wer in eine Route mit diesem Namen einsteigt und dann 19 SL vegetationsarmen, perfekten Freispitzkalk erwartet, kann offensichtlich nicht sinnerfassend lesen. Zu viele Haken? Ist an sich Sache des Erschließers und auch bekannt, bevor man einsteigt. Niemand wird gezwungen, alle Silberlinge zu nutzen und besser wäre es allemal die enorme Arbeit der Erschließer zu würdigen oder selber eine bessere Route in die Wand zu zaubern. Für wahre Nordwandgesichter sind die Lalidererwände oder die Praxmarerkarspitze nicht weit. Uns hat’s jedenfalls gefallen, wie auch schon vor 10 Jahren. Die vielen Wiederholungen haben (Lästermäuler oder zufriedene Genießer, das ist in dem Fall wurscht) der Tour eher gut getan: die Route ist gut ausgeputzt aber immer noch recht rau (vor allem oben raus) und wer wenig Botanik will, muss halt im Herbst oder Winter hin. Wie in den meisten tief gelegenen Touren in diesem Grad. Was sich in all den Jahren nicht geändert hat, ist die doch recht unterschiedliche Bewertung der beiden Wandteile: gleicher Grad auf dem Papier und doch muss man oben raus bei ähnlicher Bewertung deutlich fester hinlangen. So fiel uns die 5+ Stelle am Beginn des oberen Wandteils deutlich schwerer, als alles andere im unteren Teil. Und auch der Überhang in der 18. SL hat unserer Meinung nach nicht viel mit 6/6+ zu tun. Da würde ich eher einen Grad draufpacken, auch wenn man gelegentlich was anderes hört. Im unteren Wandteil haben wir viele lockere Bohrhakenmuttern vorgefunden, die wir nachgezogen haben. Da wir das letzte Woche schon auf der „Galerie“ erlebt hatten, hing dieses Mal ein Schlüssel am Gurt. Und tatsächlich nicht umsonst. Bei ein paar BH haben sich die Laschen schon in die Tiefe verabschiedet. Einige Ergänzungen paar zum guten Topo auf https://www.bergsteigen.com/touren/klettern/botanik-grand-prix/: die 12. SL hat bestenfalls 35 m (und nicht 55m) und lässt sich gut mit der 11. SL zusammenhängen. Auch die 17. SL ist mit etwa 25m deutlich kürzer. Der von manchen monierte Seilzug in manchen Längen kann mit ein paar langen Expressen und dem konsequenten Auslassen von BH auf ein Minimum reduziert werden. Wer Seilzug schätzt, kann bis zu 19 Expressen pro SL einhängen. Helm, gute Abstiegsschuhe und eine sinnvolle Zeitplanung sollte man auch einpacken. Gerade in Zeiten mit kurzen Tagen kommt beim Waldabstieg auch mit Stirnlampe wohl nur wenig Freude auf. Wenn man einigermaßen zügig unterwegs ist, konsequent durchsichert und nicht am laufenden Seil geht sind 5-7 Stunden bis zum Ausstieg schnell vorbei. Und auch der Abstieg dauert gleich mal eine Stunde oder etwas mehr. Das Wandbuch kommt erst ein ganzes Stück höher im Ausstiegswald daher, der Abstieg von dort ist gut mit blauen und roten Punkten markiert, die man meist von weitem erkennen kann. Trotzdem erfordert der steile (und bei Feuchtigkeit gefährlich rutschige) Steig volle Aufmerksamkeit. An einigen Stellen würde ein Ausrutscher vermutlich ungesund enden. Da unsere Knie schon einige Abnutzungserscheinungen zeigen, waren wir froh um ein paar leichte Stecken. Wer unten nicht gern neben einer viel befahrenen Straße entlanglatscht sollte sich ein Radl am Parkplatz bei der Zirler Bergrettung deponieren.
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Februar 2025
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