III. Grünsteinturm, Mieminger, 2469m, SW-Wand „Klemmendes Mysterium“, 7 SL/6+ und andere Routen22/5/2022
Die Rauigkeit ist vielleicht das Merkmal schlechthin und reicht von fingerhautfressend bis hosentötend, so ein Bisschen wie am Musterstein. Ein paar Bänder gibt’s natürlich auch und in manchen Routen kommen auch mal kurze, leicht brüchige Passage in die Quere, aber die stören nicht. Der Blick ins Inntal mit dem weißen Hauptkamm dahinter ist grandios, die Exposition ist südseitig, so dass man sich dort vom späten Frühling bis weit in den Herbst hinein die Finger langziehen kann Nur bei Föhnsturm sollte man eher ein anderes Ziel wählen, denn der kann einen hier fast aus der Wand pfeifen. Auch am Zustieg gibt’s nichts auszusetzen: relative günstig bringt einen der Sessellift von Biberwier in zwei Sektionen bis knapp unters Marienbergjoch und gegen eine geringe Gebühr kann man auch noch sein MTB im Lift mitnehmen. So kann man klettern, bis die Sonne verschwindet und dann liftunabhängig und entspannt am Abend in kurzer Zeit ins Tal rollen. Von der Bergstation kann man das Bergradl noch bis ins Marienbergjoch mitnehmen, ab dort ist es dann aber zu Fuß sinnvoller. Erst folgt man dem bequemen Wanderweg Richtung Hölltörl, bis man bei einem markanten Riesenblock am Ende der Latschen über Wiesen, Geröll und leichte Schrofen auf schwach ausgeprägten Steigspuren die Einstiege erreicht. Je nach Route, Kondition und Kenntnis des Geländes dauert das höchstens eine Stunde und führt einen durch eine ruhige, sehr alpine und blumenreiche Landschaft. Auf Steinschlag muss man natürlich achten, neben vielen Gamsen sind im Sommer auch Schafe anzutreffen. Und stürzen sollte man natürlich auch nicht. Bis auf den gelegentlich begangenen (und schon im Rother AV-Führer „Mieminger“ erfassten) Grünstein S-Grat haben wir in den vielen Jahren unseres Projektierens da oben so gut wie nie jemand gesehen. Im Vorbau gibt’s ein paar ältere Routen und auch in den Hauptwänden existieren entlang der Risse ein paar wenige ältere Routen oder auch nur Versuche. Zwei nicht von uns stammende, neuere Routen entstanden während oder kurz nach der Zeit, als wir uns nach ewig zurückliegenden Erkundungen doch mal dazu aufrafften, da oben was zu unternehmen. Wir selbst erschlossen insgesamt sechs Routen mit 38 SL. Die längste Route wurde die „Raue Welt“ mit 10 SL, wenn man sich die letzte SL im Gipfelbruch noch gönnt, die kürzeste heißt „Hui Buh“ und besteht eigentlich nur aus einer langen Plattenlänge. Der Rest ist irgendwo dazwischen, meist so 6-7 SL. Die Schwierigkeiten sind eher moderat und liegen maximal zwischen 6 und 7, der teilweise aber eher weite, manchmal auch sehr weite Bohrhakenabstand fordert aber dennoch einen sehr sicheren Vorsteiger, ... ... der den Umgang mit mobilen Zwischensicherungen beherrscht, einen Blick für die optimale Linie hat und beim Schwierigkeitsgrad noch Luft nach oben hat. Teilweise stecken in einer ganzen Tour nicht viel mehr Zwischenhaken als Standhaken, die aber dafür meist in doppelter Ausführung und dort, wo es Sinn macht auch abseiltauglich hergerichtet. Bis auf „Hui Buh“ wurden alle Routen komplett von unten eingebohrt (auch ohne vorheriges erkunden von oben), wenn dir also manchmal die Position eines Hakens nicht ganz passt oder ein Dübel nicht den perfekten Winkel zum Fels hat, schimpf nicht. Das Ding ist im Vorstieg, oft schlecht stehend, gesetzt worden. Ein Rucksack am Buckel, einiges an Eisen oder Alu und ein paar Kilogramm Bohrhammer am Gurt können die Vorstiegsmoral durchaus beeinflussen. Die Routen haben also nichts mit Plaisirklinken zu tun, sondern sind vom Zustieg über das Klettern bis zum Abseilen samt Fußabstieg anspruchsvoll und verlangen einen souveränen Alpinkletterer. Erste Wiederholer haben das bestätigt, ebenso Felsqualität und Schwierigkeitsbewertung, die ja immer so eine Sache ist. Man hörte bereits von gut eingespielten, erfahrenen Seilschaften, die auch bei einer kürzeren Tour die Betriebszeit des Sessellifts überschätzt haben. Die in der Überschrift genannte Tour, das „Klemmende Mysterium“ (der Name kommt von einem zimmergroßen Klemmblock in unerklärlicher Lage und einem weiteren, kleineren Exemplar am Gipfel) war unser erstes (clean begonnenes) und dennoch zuletzt abgeschlossenes Projekt da oben. Die Route ist vermutlich die alpinste, die Felsqualität reicht von berauschend bis gelegentlich leicht brüchig. Das Topo zu dieser Tour ist noch im Entstehen, die Topos samt genauer Beschreibung und Zusatzinfos findest du entweder hier unten oder unter der Rubrik „Erstbegehungen“ auf unserer Homepage. Viel Spaß bei Nachklettern, passt auf und unterschätzt die Routen nicht.
Als Einstieg da oben bietet sich entweder der klassische Südgrat (ca. 4-5, je nach Linie; einige BH) oder unsere „Raue Welt“ an. Letztere ist zwar die längste, aber - zumindest von unseren - die am besten abgesicherte Route und auch der Fels lässt kaum Wünsch offen (bis auf eine SL Gehgelände zwischen Vorbau und Hauptwand und etwas nachlassender Felsqualität ganz am Ende).
2 Comments
scherer reinhold
7/10/2022 11:51:22
Hallo Stefan
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Reinhard Auer (Obsteig)
8/10/2022 14:08:36
Hallo, war letzte Woche oben und habe in euren Routen ein bisschen strawanzt- gratuliere zu den Erstbegehungen. Den Fels vor der Haustür immer ein Genuss - danke dafür. Grüße aus Obsteig.
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