Jeder Schauer schien der letzte gewesen zu sein, und doch kam immer noch ein Guss herangerauscht. Von sämtlichen Wetterberichten traf am nächsten Morgen zwar nur der schlechteste zu, aber auch dieser war noch gut genug und lieferte im Lauf der Nacht das versprochene Zwischenhoch gerade noch rechtzeitig ab. Die Wand war über Nacht ganz gut abgetrocknet, hohe Wolken und wenig Sonne taten dank milder Temperaturen dem Klettergenuss keinen Abbruch. Einfach nur grandios, von der ersten bis zur letzten Seillänge. Steil, enorm ausgesetzt, meist Riss oder Kamin aber auch ein paar plattige Stellen und der ein oder andere Überhang ließen keine Langeweile aufkommen.
Stützpunkt: Rifugio Pradidali, 2278m; tolle Lage direkt gegenüber der Canali W-Wand und oberhalb des Lago Pradidali. Vgl. http://www.rifugiopradidali.com/deu/Home.html. Nicht nur die Länge der Tour mit ihrem nicht ganz einfachen Abstieg (wenn man über den Gipfel geht) oder das üppige Angebot weiterer schöner Klettertouren (z. B. Cima Wilma SW-Wand „Castiglioni-Detassis“, 5+, vgl. https://www.outdooractive.com/de/route/alpinklettern/dolomiten/cima-wilma-sw-wand-castiglioni-detassis-fuehre/20487044/ oder, wenn’s etwas sonniger sein soll, Campanile Pradidali S-Kante „Spigolo del Vecchio“, 4+), machen einen Aufenthalt dort oben empfehlenswert. Ein sehr sympathisches Hüttenteam samt guter Küche runden das Ganze ab. Wandhöhe: Etwa 300hm bis zum Pfeilerkopf (Ende der Schwierigkeiten), weitere 200 hm zum Gipfel. Kletterlänge: 350m Schwierigkeit: Bis zum Pfeilerkopf recht anhaltend um 5, eine kurze Stelle 6-, ab dem Pfeilerkopf deutlich leichter (max. 3+). Material: Die Route ist mit Schlaghaken und Schlingen jeden Alters abgesichert. Mit einem Satz Linkcams, ein paar mittleren Keilen und einigen Schlingen sowie 10 Expressen kann man die Absicherung gut verbessern oder hintersichern. Die Stände sind momentan (August 2021) recht gut eingerichtet (z.T. neue Schlaghaken und neue Seilstücke in Sanduhren, gelegentlich aufgebohrt) und ermöglichen ein stressfreies Abseilen. 60m Halb-/Zwillingsseil empfehlenswert. Ansonsten übliche Alpinkletterausrüstung. Erstbegeher: Hermann Buhl & Hermann Herweg, 09.09.1950, unterer Teil bis zum Band unter der Schlüsselstelle Simon/Wiessner, 1927, die plattige Schlüsselstelle wurde von Buhl & Herweg links umgangen. Zustieg: Vgl. Wandbild. Über den Wanderweg 709 bis kurz vor den Pradidalisee und links ansteigend über deutliche Steigspuren im Schutt den Vorbau umgehend auf Band. Dieses führt problemlos rechts bis zur markanten Einstiegsrampe etwas vor dem Riss. 30 Minuten. Topo/Route: Vgl. Wandbild. Ein gutes Topo mit perfektem Wandbild und vielen weiteren, nützlichen Informationen befindet sich auf https://www.stadler-markus.de/alpinklettern/dolomiten/kletterroute/buhlriss.html Anmerkungen: 1. SL: Nach der leichten Rampe (eher 2 als 3) nicht horizontal nach rechts in den Riss queren, sondern steil und griffig (4) leicht rechts haltend aufwärts klettern, bis man den Riss erreicht. In diesem noch ein Stück aufwärts bis zum Stand. 6. SL: Nach Einstiegsüberhang (5+) immer rechtshaltend unter Dach hinauf zu exponiertem Stand auf kleinem Absatz (25m) 9. und 11. SL: Der Riss ist hier eher ein Kamin, folglich etwas moosig und nach Regen länger nass und rutschig. Nach ein paar Metern kann der Kamin problemlos und sehr genussvoll über steile, griffige Platten auf der linken Seite umgangen werden. Kein fixes Material, aber wohl eher leichter als der Kamin. Wer abseilen will oder muss, macht am besten nach knapp 25m noch unter dem Pfeilerkopf an einem guten Abseilstand Schluss. Ab dort lehnt sich die Wand zurück. Abstieg: Vom Pfeilerkopf zum Gipfel (max. 3+, nach oben zu v.a. Gehgelände. Markierter, teils ausgesetzter Abstieg über den S-Grat und die W-Rampe. Abklettern (max.3), einige Abseilstellen vorhanden (vgl. Beschreibung von Markus Stadler, s.o.). Wir mussten aus Wettergründen auf den Gipfel verzichten und auf’s Abseilen zurückgreifen. Mit einem 60m Doppelseil sind 6-7 Abseilfahrten nötig. Es schadet nicht, wenn man sich die Qualität der Abseilstände bereits beim Aufstieg kritisch anschaut.
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September 2024
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