Auch schöne Biwakplätze gibt’s, vor allem kurz vor dem Einstieg, aber dann bleibt halt die Frage, ob man einen unangenehmen Abstieg über die Kainzenkarscharte riskieren will oder das ganze Gerümpel über die Kante rauf und vom Gipfel wieder runter schleifen will. Ist der Zustieg schon lang, kann dem Abstieg für Ostalpenverhältnisse schon das Prädikat sehr lang verliehen werden. Trotzdem oder gerade deswegen eine Tour, die im Gedächtnis bleibt und einen selbstständigen Bergsteiger fordert. Blind einem Weg oder einer Bohrhakenreihe nachrennen gibt’s hier nicht. Ausqueren auch nicht. Vielleicht deswegen ein Pause-Klassiker.
Zugang: Von Häusling (P) direkt gegenüber dem Kraftwerk (Parkmöglichkeit für 2 Pkw) über Brücke und auf Teerstraße zu Hof. Direkt dahinter beginnt bei einem Wegweiser der unmarkierte, gute Weg zur Bodenalm, 1670m. Momentan ist der Weg offiziell gesperrt. Gleich am Anfang, wo der Weg in den Wald führt, ist dieser mit Brettern und einem Schild versperrt. Ein Schild „Begehung auf eigene Gefahr“ würde reichen. Gleich ganz unten führt der Weg durch ein Bachbett (Bodenbach) und wurde unterhalb des Wasserfalls von einer Riesenmure auf etwa 100hm komplett verschüttet. Also kreativ sein. Mittlerweile ist dieser Bereich auf Steigspuren wieder ganz gut begehbar hört man und teilweise mit Fixseilen gesichert. Von der Alm auf gutem Weg talein, bis sich dieser im Talgrund langsam verliert bzw. rechts rauf zur Lahnkarhütte zieht. Steinmanndln und mehr oder weniger deutliche Steigspuren weisen den Weg nach oben ins Roßkar. Wir sind die erste Rinne hoch (kurze Kletterstellen, 2, vgl. Foto) und dort, wo sie ungangbar wird, links raus auf den begrenzenden Rücken (kurz 2, Keesköpfe). Nun über den grasigen Rücken auf einen Buckel, der fast die Höhe des Einstiegs hat (Nähe P. 2424m). Fast horizontale Linksquerung (schöner Biwakplatz auf einem Schuttbuckel) über Schnee und grobe Blöcke unter die Ausläufer der Kante, auf Steigspuren hoch zu dieser und weiter zum Einstiegsplatz bei einer Stange mit Schuh, ca. 2550m. Bei viel Schnee kann man auch relativ direkt zur Kante aufsteigen, wenn dieser sehr hart ist, sind ggf. Leichtsteigeisen und Pickel nötig. Schwierigkeit: recht anhaltend im 4. Grad, gelegentlich etwas darüber, streckenweise auch leichter. Die Schlüsselstelle kann technisch geklettert werden, im oberen Teil ist je nach Bewertung immer wieder der 5., kurz auch der untere 6. Grad gefordert. Letzteres scheint uns aber etwas hoch gegriffen. Kantenhöhe: Es geistern viele übertriebene Werte herum, aber mehr als ca. 500hm zum Vorgipfel, 3057m, sind‘s definitiv nicht. Kletterlänge: ca. 700m auf etwa 16-18 SL oder gleich am laufenden Seil. Material: Zusätzlich zur üblichen Alpinkletterausrüstung 60m-Seile(e), außer man geht am laufenden Seil. Ein Satz Cams (0,5-1,8, Totems), viele Bandschlingen für die zahlreichen Köpfl, eventuell Hammer und ein paar Haken, da das steckende fixe Material oft sehr betagt ist. Leichte Stöcke für den Abstieg sind sehr empfehlenswert, vor allem wenn man seine Knie noch länger benutzen will. Je nach Schneelage und Abstiegsroute auch Pickel und Leichtsteigeisen. AV-Karte 35/2 „Zillertaler Alpen Mitte“. Ein guter Track für den ggf. nächtlichen Zustieg und den Abstieg ist hilfreich, da die Steige oft nur wenig ausgeprägt sind und sich immer wieder im Nichts auflösen. Erstbegeher: Peter Aschenbrenner, Willy Mayr 1928 Route: Es gibt im Internet zahlreiche Beschreibungen. Ein Topo findet man auf https://www.bergsteigen.com/touren/klettern/grundschartner-nordkante/ ein anderes auf https://www.stadler-markus.de/alpinklettern/granitklettergebiete/kletterroute/nordkante-1.html. Wenn man erst mal am Einstieg steht, sind diese Topos mit ein bisschen Gespür für die Linie überflüssig, denn erstens sind die Begehungsspuren kaum zu übersehen, zweitens stecken einige Schlaghaken und eine Unzahl an unwiederbringlich versenkten Cams und Keilen und drittens ist die Linie einfach so logisch wie selten eine Route. Dennoch ein paar Anmerkungen: Wir haben erst nach dem gespaltenen Block angeseilt. Irgendwie hauen die Längenangaben im bergsteigen.com Topo nicht so recht hin. Die einzelnen markanten Passagen sind gut und treffend beschrieben, folgen aber oft schneller aufeinander, als es den Längenangaben entspricht. Dies trifft vor allem auf die Schlüsselstelle und die SL davor zu (nur 1 SL mit etwa 45m) und auf die 4 schwierigeren SL am Ende der Kante. Das waren letztendlich nur 3 Längen, ohne die 60m Seile auch nur im Entferntesten auszuschöpfen. Aber wie schon gesagt: eigentlich egal, da man unglaublich viele Standoptionen hat und die ganze Route sowieso nach Belieben aufteilen kann. Am Stand nach der letzten schweren SL sieht man erstmals das Gipfelkreuz! Vom Ausstieg über den erst breiten Grat, der sich Richtung Gipfelkreuz verschärft. Umgehung erst rechts dann links (max. 2-3) Abstieg: Vom Gipfel südlich (Stellen 2) in die erste Scharte vor einem Turm und links (östlich) durch Rinne (kurz 2) in das große Schnee-/Blockkar. Nun entweder gerade hinunter, bei Schnee sehr angenehm, und über schöne Gletscherschliffplatten zu Absatz (Steinmann, Stange, P. 2499m). Nun immer den Markierungen (große rote Punkte, Pfeile, Stangen und Katzenaugen) folgen. Lange, fallende Querung Richtung Süden bis kurz vor die Rinderschneide. Mal Wiese, mal Steig. Unter der Steilstufe (Kainzenhochleger) bis in die Latschen hinein teils nicht leicht zu finden (Track?). Erst im Wald wird der Steig ein guter Weg. An der Kainzenkarütte, 1550m, 3,2km über eine Forststraße zum Gasthof in der Au, 1269m. Von dort entweder mit dem vorher deponierten Radl, mit dem Linienbus (bis etwa 18.00 Uhr) oder per Autostopp zurück nach Häusling. Laufen geht natürlich auch, aber das zieht sich (ca. 5km). Wir versuchten über die Kainzenkarscharte zurück zur Bodenalm abzusteigen, scheiterten aber. Die Koordinaten auf bergsteigen.com konnten wir nicht in Einklang mit der Realität bringen. Die dort beschriebene Scharte (wir waren dort) ist nur über ca. 100hm sehr steile Gras- und Schrofenhänge zu erreichen, die beschriebenen Steinmanndln sind nicht existent und ein Abstieg über steile Plattenflanken scheint fraglich. Vermutlich ist die im alten AV-Führer „Zillertaler Alpen“ (Rother) beschriebene Scharte gemeint, die problemlos erreichbar ist, wenn man immer unter dem O-Grat des Grundschartners absteigend quert, bis man auf etwa 2750m in diese queren kann (müsste in der Nähe von P. 2736m der AV-Karte sein). ![]() Vom Gelände her nur bei festem Altschnee sinnvoll, die Steinschlaggefahr ist sonst wohl erheblich (vgl. AV-Führer „durch ungutes Gelände“). Auch die Moränenhänge unterhalb schauen mehr als unangenehm aus. Letztendlich sind wir nach einiger Zeit des Herumsuchens und Abwägens doch über das Kainzenkar und das Gasthaus in der Au abgestiegen. Im Nachhinein erfuhr ich von einem Sektionskollegen, dass uns die falschen Koordinaten „vor einem gruseligen Abstieg über feucht-lehmig-instabile Flanken mit großen lockeren Blöcken bewahrt haben.“ Zum Haare aufstellen meinte er noch. Soweit, so gut; blöd war nur, dass wir etwas oberhalb der Bodenalm ein Rucksackdepot erreichtet hatten, da wir ja dorthin zurück wollten. Aber nach so einer kurzen Tour ist ein erneuter Auf- und Abstieg von Häusling zur Bodenalm und noch ein Stück weiter ja das reinste Vergnügen …
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